Avsnitt

  • Anfang des 20. Jahrhunderts gerät ein Basler Polizist ins Visier der Justiz. Ihm wird vorgeworfen, den künstlichen Süssstoff Saccharin über die Grenze nach Deutschland zu schmuggeln. Auf den Spuren eines bittersüssen Kriminalfalls.

    Nicht Drogen waren der Fokus von Schweizer Schmugglern um die Jahrhundertwende, sondern der künstliche Süssstoff Saccharin. Er ist zu dieser Zeit in fast ganz Europa verboten, nicht aber in der Schweiz. Viele ärmere Menschen versuchten ihr Glück mit dem Saccharin-Schmuggel – auch ein Basler Polizist?

    Im April 1912 erhält der Basler Polizist Adolf Schuppisser eine brisante Mitteilung: Gegen ihn liegt ein deutscher Haftbefehl vor. Ihm wird vorgeworfen, Saccharin über die Grenze zu schmuggeln. Er wird umgehend suspendiert. Ist ausgerechnet Landjäger Schuppisser einer von Hunderten Personen, die Saccharin illegal aus der Schweiz bringen?

    Schuppisser beteuert in zahlreichen überlieferten Briefen seine Unschuld. Er lässt die Vorwürfe nicht auf sich sitzen und geht den Weg durch die Instanzen. Was kommt dabei raus? Die Zeitblende zeichnet den Kampf des Basler Polizisten um seine Existenz nach und wartet mit unerwarteten Wendungen auf.

    Die Zeitblende beleuchtet, wie Saccharin überhaupt zur beliebten Schmuggelware wurde, welche wirtschaftlichen Folgen der Saccharinschmuggel hatte, wie er die Schweiz international in Bedrängnis brachte und wie der Schmuggel ablief. Dabei gab es viele mögliche Methoden, nicht zuletzt jene des Schmugglerpaars aus der Zeitschrift Nebelspalter, das das Saccharin unter seiner Kleidung über die Grenze zu bringen versuchte.

    Feedback, Fragen oder Wünsche bitte an [email protected].

    Gesprächspartner: Marco Polli, Historiker
    Themeninput: Manuel Haldi, Recherche & Archive SRF

    Verwendete/weiterführende Literatur und Quellen:

    Administrativ-Akten des Polizeidepartements Kanton Basel-Stadt in Sachen Schuppisser-Schwarz, Adolf, betreffend Saccharinschmuggels. Handel und Gewerbe, BB 20.

    Merki, Christoph Maria: Die Zürich Connection: Saccharinschmuggel vor dem Ersten Weltkrieg. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Bd. 89 (1993), S.185-200.

    Merki, Christoph Maria: Zucker gegen Saccharin. Zur Geschichte der künstlichen Süssstoffe. Frankfurt, 1993.

    Polli, Marco: Zollpolitik und illegaler Handel. Schmuggel im Tessin 1868-1894. Soziale, wirtschaftliche und zwischenstaatliche Aspekte. Zürich, 1989.

  • Mina Hofstetter ist eine Pionierin des Biolandbaus und der viehlosen Landwirtschaft. Sie wird in den 1920er Jahren zur Veganerin und verkauft ihre Kühe. In Kursen vermittelt sie ihre Anbaumethoden, empfängt Gäste aus der ganzen Welt. Die Geschichte einer engagierten Frau, die lange vergessen wurde.

    Mina Hofstetter hat mit ihrem Wirken den Biolandbau geprägt. Die Frau, die wegen ihrer schlechten Gesundheit zu einer veganen Ernährung wechselt und ihre Milchkühe verkauft, steht für vieles, was in der biologischen Landwirtschaft auch heute noch zentral ist.

    Auf ihrem viehlosen Hof am Greifensee widmet sie sich voll und ganz dem Ackerbau, probiert neue Methoden aus, entwickelt ihr eigenes Anbausystem. Eine schonende Bodenbearbeitung ist ihr wichtig, denn: «Gesunder Boden gleich gesunde Pflanzen gleich gesunder Mensch».

    Mina Hofstetter ist aber mehr als eine Biobäuerin. Sie forscht und schreibt, empfängt in ihren Kursen Gäste aus der ganzen Welt. Ihr Hof am Greifensee wird zum Treffpunkt für Menschen, die zurück zur Natur finden wollen. Sie engagiert sich auch für Frauenrechte.

    Die Zeitblende auf den Spuren einer aussergewöhnlichen Frau.
    Feedback, Fragen oder Wünsche: [email protected]. Wir freuen uns und danken fürs Weiterempfehlen dieses Podcasts.

    Gesprächspartner, -partnerinnen:

    * Peter Moser, Leiter des Archivs für Agrargeschichte in Bern.
    * Annette Schär, Buchautorin und Kommunikationsberaterin.
    * Judith Aebli und Daniel Liechti, das heutige Besitzerpaar des Hofes in der Stuhlen.

    Literatur:

    * Hofstetter Mina (1942): Neues Bauerntum, altes Bauernwissen, Naturgesetzlicher Land- und Gartenbau. Zürich und Leipzig: Verlag Gropengriesser und Wegweiserverlag.
    * Hofstetter-Lehner Mina (1931): Viehlose Landwirtschaft. In: Tau, Monatsblätter für Verinnnerlichung und Selbstgestaltung. Heft 87/88. Hrsg. Werner Zimmermann.
    * Moser Peter Hrsg. (2024): Mina Hofstetter: eine ökofeministische Pionierin des biologischen Landbaus. Texte und Korrespondenz. München: Oekom Verlag.
    * Moser Peter/Wirz Claudia/Kaufmann Andréa (2016): Drucken Backen Forschen: Pionierinnen der modernen Schweiz. Zürich: Verein für wirtschaftshistorische Studien.
    * Intveen Heide/Schmitt Mathilde/Spieker Ira (2021): Passion und Profession: Pionierinnen des ökologischen Landbaus. München: Ökom Verlag.
    * Schär, Annette (erscheint im April/Mai 2024): Greifensee-Geschichten: Historisches aus der Region. Zürich: Th. Gut Verlag.

    Links:

    * srf.ch/zeitblende
    * https://www.bioterra.ch/mina-hofstetter-rebellische-grenzgaengerin
    * https://www.nb.admin.ch/snl/de/home/recherche/r-monat/hofstetter-mina.html7
    * https://www.youtube.com/watch?v=ssS0FfHdaQk

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  • Vom armengenössigen Witwer im Aargauer Surbtal bis zu den reichsten Familien der USA: Wer waren die Guggenheims? Die Zeitblende schildert den beispiellosen Aufstieg der Auswandererfamilie, bis zur Gründung der weltberühmten Guggenheim-Museen. 

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts dürfen Jüdinnen und Juden in der Schweiz nur in zwei Aargauer Gemeinden leben, den damals sogenannten "Judendörfern", Lengnau und Endingen. Auch der Zugang zu vielen Berufen ist ihnen verwehrt, es gelten spezielle Bauvorschriften und zahlreiche weitere Schikanen. 

    Die Folge ist oft Armut, auch für die Familie Guggenheim. Simon Guggenheim und sein Sohn Meyer wollen deshalb, gemeinsam mit der Familie, der Armut und den behördlichen Einschränkungen entfliehen. Sie wandern von aargauischen Lengnau in die USA aus.

    Innerhalb von nur einer Generation steigen sie dort zu den reichsten Familien der USA auf. Und aus dem Reichtum finanziert die Familie die berühmte Kunstsammlung, mit welcher der Familienname mittlerweile untrennbar verknüpft ist.

    Wir erzählen die Geschichte dieses beispiellosen Aufstiegs, die gleichzeitig auch eine Geschichte des jüdischen Lebens in der Schweiz ist. Mit Kulturpublizist Roy Oppenheim begeben wir uns in Lengnau auf Spurensuche und fragen auch, wie man dort heute auf die Geschichte der geteilten christlichen und jüdischen Vergangenheit blickt.

    Oppenheim sagt: "Das Behalten der Erinnerung ist immer eine Frage der inneren Einstellung." Es gebe bis heute Menschen, die ihm nahelegten "doch einmal aufzuhören" mit dem Erzählen. Zu ärgerlich sei die Vergangenheit. Trotzdem erzählt und erklärt Oppenheim unermüdlich, auch in dieser Zeitblende. 

  • Die Schweiz spielt in den 50er-Jahren ganz vorne mit bei der Entwicklung des Computers. Der erste Schweizer Computer, die ERMETH der ETH Zürich, wird unter Professor Eduard Stiefel entwickelt, der damit Pionierarbeit leistete. Es ist der erste programmierbare Rechner in Kontinentaleuropa.

    Zunächst wird in der Schweiz ein Computer des deutschen Pioniers Konrad Zuse getestet: Die Zuse Z4. Im Krieg teilweise zerstört, restauriert sie Zuse in Zürich, wo sie dann mietweise einige Jahre im Hauptgebäude der ETH steht. Die Versuche mit der Z4 sind die Basis für den ersten Schweizer Computer, die ERMETH.

    Die «Elektronische Rechenmaschine der ETH Zürich», wird in den 50er-Jahren entwickelt. Professor Eduard Stiefel, damaliger Leiter des 1949 gegründeten Instituts für angewandte Mathematik, schickt seine beiden Assistenten zu Forschungszwecken in die USA. Ambros Speiser und Ernst Rutishauser sollen Informationen sammeln, um zurück in der Schweiz den ersten helvetischen Computer zu bauen. 

    1956 geht die ERMETH in Vollbetrieb. Die Anwendungsmöglichkeiten sind breit, von wissenschaftlichen Berechnungen, mathematischen Problemen bis hin zu ganz praktischen Anwendungen in Bereichen der Statik.

    Der amerikanische Computerhersteller IBM wird auf die Entwicklungen an der ETH aufmerksam und fängt an, Talente abzuwerben. Da die Schweizer Industrie offensichtlich das Potenzial der Rechenmaschinen nicht erkennt und die ETH ihre Kreationen nicht kommerzialisiert, bleibt die Schweiz rasch hinter grossen Computernationen, allen voran den USA, zurück. Die ERMETH wird im Jahr 1963 durch einen amerikanischen Computer ersetzt. 

    Heute steht der erste Schweizer Computer im Museum für Kommunikation in Bern.

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    00:00 Intro
    01:48 Anfänge in Deutschland
    03:01 Ein deutscher Computer wird in die Schweiz geholt
    05:10 In den 50ern gibt es weltweit kaum Computer
    07:08 Der deutsche Computer Z4 im Einsatz in der Schweiz
    09:32 Ein Schweizer Computer wird entwickelt
    13:14 Die ERMETH geht in Betrieb
    16:16 IBM wirbt Schweizer Talente ab
    17:20 Warum die Schweiz nicht zur Computernation wurde
    21:45 Angst vor Rechenmaschinen?
    22:45 ERMETH-Entwickler blickt in die Zukunft
    24:07 Das Ende der ERMETH
    25:06 Schluss
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    Gesprächspartner:

    * Juri Jaquemet, Sammlungskurator für Informations- und Kommunikationstechnologien beim Museum für Kommunikation in Bern

    Ausserdem in Archivaufnahmen zu hören:

    * Ambros Speiser (1922-2003), Technischer Leiter beim Bau der ERMETH, aus dem SRF-Archiv und dem Archiv des Museums für Kommunikation (ADOK_0016)
    * Werner Schneider (1935-2021), als Student Nachtoperateur der ERMETH, aus dem Archiv des Museums für Kommunikation (VDOK_00112)

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    Literatur:

    * Henger, Gregor (2008): Informatik in der Schweiz: Eine Erfolgsgeschichte verpasster Chancen. Zürich: NZZ Libro.
    * Museum für Kommunikation Bern (2001): Loading History - Computergeschichte(n) aus der Schweiz. Nr. 1. Zürich: Chronos Verlag.
    * Bruderer, Herbert (2020): Meilensteine der Rechentechnik. 3. Auflage. Berlin/Boston: De Gruyter Oldenbourg.

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    Links:

    * srf.ch/zeitblende
    * https://blog.nationalmuseum.ch/2018/02/ermeth-computer-made-in-switzerland/
    * https://etheritage.ethz.ch/2020/10/05/bedienungsanleitung-des-legendaeren-computers-zuse-z4-entdeckt/
    * https://library.ethz.ch/standorte-und-medien/plattformen/kurzportraets/eduard-stiefel-1909-1978.html

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    Autor: Silvan Zemp

  • Der Fall der deutschen Bankräuber Kurt Sandweg und Waldemar Velte zeigt exemplarisch, wie schwierig die Lage für junge Menschen nach dem Ersten Weltkrieg war.

    Am 5. Januar 1934 – also vor 90 Jahren – betreten zwei Unbekannte die Wever-Bank in Basel mit Pistolen. Und sie schiessen, bevor sie sich in der Kasse bedienen. Zwei Bankangestellte werden so schwer verletzt, sterben noch am gleichen Tag im Spital. Der Banküberfall dauert nur wenige Minuten, die Täter fliehen in einem blauen Ford mit schwarzem Verdeck.

    In der «Zeitblende» wird die Geschichte der beiden deutschen Bankräuber Kurt Sandweg und Waldemar Velte erzählt. Die beiden hielten die Region Basel tagelang in Atem, erschossen auf der Flucht drei Polizisten und nahmen sich am Schluss das Leben. Im Margarethenpark in Basel, umstellt von der Polizei, sahen die Bankräuber keinen anderen Ausweg mehr.

    Dank Original-Polizeiakten und Zeugenaussagen aus dem Staatsarchiv Basel-Stadt, ist die Geschichte des schwersten Verbrechens in Basel im 20. Jahrhundert bestens dokumentiert.

    Zu den wichtigsten Zeugenaussagen gehört jene von Victoria «Dorly» Schupp. Die Schallplattenverkäuferin aus dem Basler Warenhaus Globus hat die beiden Deutschen im Dezember 1933 kennengelernt und viel Zeit mit ihnen verbracht, ohne ihre wahre Geschichte zu kennen. Als das Ganze auffliegt, verrät Dorly Schupp die Beiden an die Polizei.

    «Man muss die Geschichte auch in der Zeit sehen: Das sind 15 Jahre nach dem ersten Weltkrieg, als ein einzelnes Menschenleben nach diesem mechanisierten Töten, millionenfach, nicht mehr gar so kostbar war», sagt der Schweizer Schriftsteller Alex Capus, der mit dem Roman «Fast ein bisschen Frühling» die Geschichte von Sandweg und Velte erzählt.

    Die beiden Männer, 23 Jahre alt, arbeitslos, wollen weg aus Nazi-Deutschland. Ihr grosses Ziel: Indien. Aber im Europa der 30-er Jahre ist es alles andere als einfach für junge Menschen ihre Träume zu leben. Nach dem 1. Weltkrieg werden die Grenzen streng kontrolliert, es braucht Stempel, Formulare - und es braucht Geld. Was wiederum einer der Auslöser für den Banküberfall am 5. Januar 1934 in Basel war. 

    Quellen/Literatur: - Capus, Alex (2002): Fast ein bisschen Fühling: Carl Hanser Verlag, Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Museum Laufental

  • Der Winterthurer Bruno Stefanini baute sich mit Immobilien ein Milliardenimperium auf. Er kaufte sich Kunst, Geschichtsträchtiges und Kuriositäten und hinterliess eine Sammlung von rund 100'000 Objekten. Doch seine Vision eines grossen Museums scheiterte.

    Er sammelte fast alles, verkaufte fast nichts. In diesem Jahr wäre der Winterthurer Sammler und Multimillionär Bruno Stefanini 100 Jahre alt geworden. Die Zeitblende besucht das heutige Sammlungslager der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte in Winterthur, spricht über Absprachen zwischen Stefanini und einem Altbundesrat und gibt Einblick in bisher unveröffentlichte Tagebucheinträge.
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    (00:00) «Verrückt, nicht wahr?!!!!!!!!!!!!!»
    (02:02) Pult von Kennedy
    (04:47) Der junge Stefanini
    (09:08) 40 Jahre Reinigungsaufwand
    (10:42) Der Unternehmer Stefanini
    (18:00) Eine grossflächige Skizze
    (20:00) Absprachen mit Blocher
    (24:28) Die Vision eines Museums
    (28:06) Neid, Eifersucht, Missgunst
    (33:17) Abspann
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    Hast du Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf deine Nachricht via [email protected] – und wenn du deinen Freund:innen und Kolleg:innen von uns erzählst.
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    Gesprächspartner:innen:
    - Severin Rüegg, Sammlungsleiter der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte
    - Miguel Garcia, Historiker
    - Christoph Blocher, alt Bundesrat und Kunstsammler
    - Bettina Stefanini, Tochter Bruno Stefaninis und Direktorin der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte
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    Literatur:
    - Matthias Frehner & Valentina Locatelli (2023). Anker, Hodler, Vallatton. Fondation Pierre Gianadda.
    - Miguel Garcia (2016). Bruno Stefanini. Ein Jäger und Sammler mit hohen Idealen. NZZ Libro.
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    Team:
    - Autor: Oliver Kerrison
    - Sprecher:innen: Armin Berger, Oriana Schrage, Yonathan Schrage
    - Mitarbeit: SRF Recherche und Archive

  • Anfang der 1920er-Jahre beschloss Walter Amstutz aus Mürren im Berner Oberland, zusammen mit seinem Freund Arnold Lunn eine neue Form des Skifahrens etablieren zu wollen. Bergab sollte es gehen, auf vorgegebener Strecke, und möglichst anspruchsvoll. Die Idee der alpinen Skirennen war geboren.

    Wer Anfang der 1920er-Jahre «Skirennen» sagte, meinte damit vor allem Langlauf und Skispringen – diese nordischen Disziplinen waren vorherrschend. Bis in Mürren der Brite Arnold Lunn und der Einheimische Walter Amstutz auf die Idee kamen, Abfahrts- und Slalomrennen auszutragen.

    Entscheidend war laut dem Historiker Daniel Anker das Jahr 1924. In dem Jahr gründeten beide Pioniere je einen Skiclub, die den Zweck hatten, alpine Skirennen vorwärtszubringen. Lunn kreierte den britischen Kandahar Ski Club, und Amstutz gründete den Schweizerischen Akademischen Skiclub. Diese Clubs sollten fortan zum Schlüssel werden, um Rennen zu organisieren und immer mehr Menschen von dieser Wettkampfform zu begeistern. 1931 fand in Mürren die erste Ski-WM statt.

    Zu Gast in dieser Zeitblende:
    - Daniel Anker, Alpinhistoriker
    - Gisela Vollmer, Präsidentin des Minimuseums Mürren
    - Yvonne Gozon, Tochter von Walter Amstutz
    - Andreas Feuz, langjähriger Präsident des Ski Clubs Mürren


    Quellen / Literatur:
    - Amstutz, Max D. (2010): Die Anfänge des alpinen Skirennsports. Zürich: AS Verlag.
    - Amstutz, Max D. (2020): Glorioses Mürren – wie das Walserdorf zur Wiege des Skirennsports wurde. In: Der Schneehase, Sonderdruck aus Edition 40, 2016-2019.
    - Anker, Daniel (2023): Akademiker als siegreiche alpine Skiläufer. In: Quin, Grégory, Laurent Tissot und Jean-Philippe Leresche (Hrsg.) : Skiland Schweiz. Eine Geschichte. Thun/Gwatt: Weber-Verlag.
    - Engel, Simon (2021): Das ganze Volk fährt Ski! Das ganze Volk? In: Schweizerisches Nationalmuseum. Blog.
    - Ski Club Mürren (1987): 75 Jahre Ski Club Mürren. 1912-1987.
    - Triet, Max (2001): Amstutz, Walter. In: Historisches Lexikon der Schweiz.

  • Geboren 1874 als Tochter des unermesslich reichen Schweizer Uhrenfabrikants Heinrich Moser, will sie die Welt ein bisschen gerechter machen. Im Kommunismus sieht sie die Lösung. Sie engagiert sich in London, Zürich, Moskau und Berlin und stirbt schliesslich verarmt als Ehrenbürgerin der DDR. 

    In der Zeitblende treffen wir Mentona Mosers Enkel Roger Nicholas Balsiger, der seine Grossmutter bis 1971 mehrfach in Ost-Berlin besucht hat. Der Buchautor hat den Nachlass seiner Grossmutter aufgearbeitet. Sie sei ein Vulkan mit unglaublicher Kraft gewesen.

    Die Historikerinnen Brigitte Studer von der Universität Bern und Nadja Ramsauer von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft ordnen in der Zeitblende das soziale und politische Leben von Mentona Moser ein. 

  • 1969 tobt in Biafra ein blutiger Bürgerkrieg. Nigerias Armee will die Region aushungern. Hilfswerke und das Rote Kreuz organisieren Hilfe über eine Luftbrücke - doch die kommt unter Beschuss von Schweizer Flugabwehrkanonen. Der 92-jährige Arzt Nuot Ganzoni berichtet von seinem Hilfseinsatz. 

    Während das Internationale Komitee vom Roten Kreuz IKRK und kirchliche Hilfswerke Biafra über eine Luftbrücke mit medizinischer Hilfe und Lebensmitteln auch aus der Schweiz versorgen, bezieht die nigerianische Zentralregierung trotz Waffenausfuhr-Embargo Flugabwehrkanonen von Oerlikon-Bührle. Die Armee nimmt auch mit diesen Waffen die Luftbrücke ins Visier. Acht Flugzeuge der kirchlichen Hilfswerke und eines des IKRK werden abgeschossen. 

    Der Widerspruch einer gleichzeitigen Lieferung von Waffen und Hilfe sorgt in der Schweizer Öffentlichkeit für einen empörten Aufschrei. Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt erklärt: "Die Schweiz liefert Waffen und das Rote Kreuz als Apotheke hinterher." Eine Volksinitiative wird lanciert, die Waffenexporte grundsätzlich verbieten will. 

    "Der Bührle-Skandal ist einer der grössten Skandale in der Geschichte der Schweizer Waffenausfuhr-Politik", sagt Historiker Dominik Matter in der Zeitblende. Er und der Schweizer Arzt Nuot Ganzoni, der 1969 für drei Monate im abgeriegelten Biafra im Einsatz war, schauen zurück auf einen der ersten und blutigsten Bürgerkriege im postkolonialen Afrika. Und auf die Verstrickungen der Schweiz in den Biafra-Krieg. 

    Gesprächspartner: 

    * Dr. med. Nuot Ganzoni, Arzt, 1969 in Biafra für das IKRK im Einsatz
    * Dr. Dominik Matter, Historiker, Forschungsstelle für Diplomatische Dokumente der Schweiz Dodis

  • Alle nannten ihn einfach «Oscar»: Oscar Tschirky, ein einfacher Einwanderer aus der Schweiz, der in New York bis in die höchsten Kreise aufsteigt – als Gastgeber im edlen Hotel Waldorf-Astoria.

    Er lässt den Ballsaal in eine Zirkusmanege verwandeln, mit Trapezkünstlern über den Köpfen der tafelnden Gäste oder dekoriert den Saal wie den Campus der Universität Yale: Oscar Tschirky ist der Mann für die extravaganten Anlässe der amerikanischen Oberschicht, mit exquisiten Menus und erstklassigem Service. Er kennt sie alle mit Namen, die Industriellen und Showstars, die Politiker und Staatsgäste jener Zeit. Und alle kennen ihn.

    Ihn, der Einwanderer aus der Schweiz, geboren in Le Locle im Kanton Neuenburg. Im zarten Alter von 17 Jahren wandert Oscar Tschirky 1883 nach Amerika aus, nach New York. In der Schweiz lässt er ein bescheidenes Leben hinter sich. In den USA arbeitete er sich hoch, vom Kofferträger zum «maître d hôtel» und ist 50 Jahre lang die unverzichtbare «Seele» des legendären Waldorf und des Waldorf-Astoria, des damals prunkvollsten und grössten Hotels der Welt. In einer Zeit, in der die Hotels auch die amerikanische Gesellschaft prägen.

    Gesprächspartner:innen:

    * Fabio Bestazzoni, Leiter der Bibliothèque de la Ville du Locle

    * Annabella Hüfler-Fick, Amerikanistin.

    Quellen/Literatur:

    * Schriftgiesser, Karl: Oscar of the Waldorf. E.P. Dutton & Co. New York, 1943.

    * Tschirky, Oscar: The Cookbook by Oscar of the Waldorf. The Werner Company. Chicago, New York, 1896.

    * Lüönd, Karl: «Der Mann, der seinen Namen vergass. Oscar Tschirky, genannt «Oscar of the Waldorf». In: Schweizer in Amerika. Karrieren und Misserfolge in der Neuen Welt, S. 202-208. Walter Verlag. Olten, 1979.

    * Turkel. Stanley: Hotel Mavens: Lucius M. Boomer, George C. Boldt and Oscar of the Waldorf. AuthorHouse. 2014.

    * Fick, Annabella: New York Hotel Experience. Cultural and Societal Impacts of an American Invention. Transcript Verlag. Bielefeld, 2017.

    * Bestazzoni, Fabio: Le fabuleux destin d Oscar Tschirky. Un Montagnon à New York. Nouvelle Revue neuchâteloise, Band 153. La Chaux-de-Fonds, 2022.

  • Im Jahr 1798 ging die alte Eidgenossenschaft nach dem «Franzoseneinfall» unter. Besonders heftiger Widerstand kam dabei aus Nidwalden. Dort wehrte man sich gegen den neuen Zentralstaat. Finanziell und moralisch unterstützt wurden die Nidwaldner dabei von der konservativen Bauersfrau Veronika Gut.

    In Nidwalden wollte man den Status quo beibehalten – man hatte ein eigenes Verständnis von Freiheit. Dazu gehörten die Ideen der Aufklärung nicht. Zum traurigen Höhepunkt kam es im September 1798, als die überlegenen französischen Truppen in Nidwalden einmarschierten und gegen die Nidwaldner in die Schlacht zogen. Die Folge war ein Massaker an der lokalen Bevölkerung. Die Ereignisse kennt man heute als «Nidwaldner Schreckenstage» – sie erzeugten ein lang anhaltendes, kollektives Trauma. Veronika Gut verlor an diesem Tag ihren Sohn – und später nach einer Falschwarnung auch ihre vier Töchter. Das machte ihren Widerstand allerdings nur noch stärker. Sie nahm mit dem nach ihr benannten «Froneggrat» entscheidend Einfluss auf die Politik in Nidwalden bis 1815.

    Gäste in der «Zeitblende»:

    * Brigitt Flüeler, Präsidentin Historischer Verein Nidwalden
    * Peter Steiner, Ortshistoriker
    * André Holenstein, em. Professor für Geschichte an der Universität Bern

    Literatur:

    * Achermann, Hansjakob & Haller-Dirr, Marita (1998): Nidwalden 1798: Geschichte und Überlieferung. Stans: Historischer Verein Nidwalden.
    * Capus, Alex (2006): 13 wahre Geschichten. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag.
    * Gut, Franz Joseph (1862): Der Überfall in Nidwalden im Jahr 1798 in seinen Ursachen und Folgen. Stans.
    * Messmer, Kurt & Gautschi, Peter (2023): Zweierlei Freiheiten: Eine historische Revue zum Franzoseneinfall in Nidwalden 1798. Thun/Gwatt: Pro Libro.
    * Niederberger, Gabriela (1998): "Sie ist, wie die Weiber dieser Berge sind, an Muth den Männern gleich." Die Widerstandsarbeit der Veronika Gut 1798 bis 1815. In: Frauenspuren in Nidwalden und Engelberg (Hrsg.): Frauenleben in Stans. Spurensuche durch die Jahrhunderte. Stans.
    * Steiner, Peter (2013): Gut, Veronika. In: Historisches Lexikon der Schweiz.

  • Am 8. November 1939 verübte der Schreiner Georg Elser in München ein Bombenattentat auf Adolf Hitler. Der Tyrannenmord scheiterte knapp. Diese Woche erscheint hier eine aktuelle Ausgabe der Sendung «Passage» anstelle der Zeitblende.

    Georg Elser war ein Handwerker aus dem württembergischen Dorf Königsbronn. Hitler entging seiner Bombe nur durch Zufall. Bis heute steht Georg Elser im Schatten anderer Widerstandskämpfer. Der deutsche Historiker Wolfgang Benz setzt dem noch immer wenig bekannten Georg Elser mit einer neuen Biografie ein Denkmal. In der Elser-Gedenkstätte in Königsbronn diskutieren Jugendliche, was uns der Attentäter heute noch zu sagen hat. Wie stehen wir heute zu einer solchen Tat – Blut vergiessen, um Leben zu retten? Der Tyrannenmord könne – unter gewissen Bedingungen – auch heute noch ein legitimes Mittel des politischen Widerstands sein, sagt die Philosophin Katrin Meyer. 

    Literatur:

    * Wolfgang Benz: Allein gegen Hitler. Leben und Tat des Johann Georg Elser, C.H. Beck 2023.

  • Im Frühjahr 1923 erschüttert ein Attentat die Schweizer Öffentlichkeit. Während einer internationalen Konferenz in Lausanne erschiesst der Russlandschweizer Moritz Conradi den sowjetischen Gesandten. Der Mörder gesteht die Tat. Trotzdem wird er von einem Geschworenengericht frei gesprochen.

    Offensichtlich ist nicht das Tötungsdelikt im Vordergrund des Prozesses gestanden, sondern die Russische Revolution und das Leid, das viele Russlandschweizerinnen und Russlandschweizer in deren Verlauf erlitten haben. Die junge Sowjetunion ist empört über den Freispruch Conradis und bricht ihre Beziehungen zur Schweiz ab. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen wieder diplomatische Kontakte zwischen Bern und Moskau.
    Die «Zeitblende» thematisiert die Affäre-Conradi 100 Jahre nach dem aufsehenerregenden Mord. Wie kam es zu diesem Verbrechen und wie zum Freispruch? Warum schafft es die Schweiz erst mehr als 20 Jahre später, wieder einen Botschafter nach Moskau zu schicken? Diese und weitere Fragen erörtern die Historiker Thomas Bürgisser und Sacha Zala von der Forschungsgruppe Diplomatische Dokumente der Schweiz auf Grund von Quellen aus der Online-Datenbank Dodis.

    Weiterführende Links:

    E-Dossier der Forschungsgruppe Diplomatische Dokumente der Schweiz: https://www.dodis.ch/de/die-conradi-affaere-vor-100-jahren

  • Die Zürcher Ärztin und Sexualreformerin Paulette Brupbacher trifft in den 1920er-Jahren auf desolate Verhältnisse in den Arbeiterquartieren. Verschlimmert werde die Situation ihrer Patientinnen durch fehlende Verhütung, stellt sie fest. Sie wird zur Kämpferin für Verhütungsmittel und Frauenrechte.

    Paulette Brupbacher bemängelt öffentlich das Wissen über Sexualität und Verhütung und hält Vorträge, bei denen sie mit Irrtümern und falschen Vorstellungen aufzuräumen versucht. Dabei bricht sie zahlreiche Tabus, wie Historikerin Karin Huser in der Zeitblende einordnet: «Es war wirklich skandalös, wenn sie auftrat mit ihren Referaten und Dinge forderte, die völlig gegen den Strich des gesellschaftlichen Denkens und der Normen war.»

    Eine Reaktion bleibt nicht aus: Nach einem Vortrag in Derendingen SO, erhält Brupbacher ein Redeverbot für den Kanton Solothurn, später auch noch eines im Kanton Glarus. Redeverbote, die sogar das Bundesgericht beschäftigen. Trotzdem lässt sich die Ärztin nicht davon abbringen, Frauen zu beraten und Vorträge zu halten bis ins hohe Alter.

    Wegen des zweiten Weltkriegs ist von den Erforts der damaligen Sexualreformerinnen, zu denen Paulette Brupbacher gehörte, nicht viel geblieben. «Man hat Paulette Brupbacher vergessen. Diese Avantgardebewegungen der 1920er-Jahre, die blieben in dieser Zwischenkriegszeit», bilanziert Lina Gafner, Co-Direktorin der Gosteli-Stiftung.

    Die Zeitblende beleuchtet das Leben der Arbeiterärztin und Frauenrechtlerin Paulette Brupbacher, sowie ihrer Patientinnen im Zürcher Arbeiterquartier Aussersihl. Und sie fragt, wie Brupbacher zu einer Kämpferin für Frauenrechte, Verhütung und die Legalisierung von Abtreibungen wurde, Jahrzehnte vor der sexuellen Revolution der 1968er oder der Fristenlösung für Schwangerschaftsabbrüche von 2002.

    Gesprächspartnerinnen:

    * Lina Gafner, Co-Direktorin Gosteli-Stiftung
    * Karin Huser, Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Staatsarchiv Zürich

    Dauer: 29 Minuten
    https://www.srf.ch/audio/zeitblende
    Autorin: Barbara Mathys?

    Verwendete/weiterführende Literatur und Quellen:

    * Gafner, Lina: «Mit Pistole und Pessar». Sexualreform und revolutionäre Gesellschaftskritik im Zürich der 1920er- und 1930er-Jahre. Nordhausen, 2010.
    * Huser, Karin: Paulette Brupbacher-Rajgrodski: Sexualreformerin. In: Maeder, Eva, Niederhäuser, Peter (Hrsg.): Käser, Künstler, Kommunisten. Vierzig russisch-schweizerische Lebensgeschichten aus vier Jahrhunderten. Zürich, 2009, S.191-194.
    * Badura, Isabelle: Die Zürcher Ärztin Paulette Brupbacher (1880-1967). Sexualität, Geburtenregelung, Geschlechterrollen und Eugenik im Kontext ihrer Zeit. Lizentiatsarbeit, Universität Zürich, Historisches Seminar, 2002.
    * Jütte, Robert: Lust ohne Last. Geschichte der Empfängnisverhütung von der Antike bis zur Gegenwart. München, 2003.
    * Brupbacher, Paulette: Meine Patientinnen. Aus dem Sprechzimmer einer Frauenärztin. Stuttgart, 1953.
    * Brupbacher, Paulette: Sexualfrage und Geburtenregelung. Zürich, 1936.
    * Imboden-Kaiser, Frida: Wir sind nicht Herr über Leben und Tod. Mahnwort an die Schweizerfrauen zum Schutze des werdenden und absterbenden Lebens. St. Gallen, 1924.

  • Mohrenschwarzer Schweinskopf und mit Zucker bestreuter Fisch: Zwei von fast 500 alten Schweizer Rezepten, welche die Bürgersfrau Anna Margaretha Gessner gegen Ende des 17. Jahrhunderts niederschrieb. Ihr Kochbuch verrät viel über das ausschweifende Leben des Bürgertums zu Zeiten des Barocks.

    Über 300 Jahre nach dem Tod von Anna Margaretha Gessner – geborene Kitt – haben vier Autorinnen ihr handgeschriebenes Kochbuch aus seinem Schlummer im Archiv geweckt. Sie haben die schwer leserliche Handschrift transkribiert und eine Auswahl der Rezepte nachgekocht und modernisiert. Nicht alles würden wir heute noch essen. Singvögel, die mitsamt Federn eingemacht werden oder gebratene Butterballen: Das klingt grotesk in unseren Ohren. Anderes ist uns vertraut: «Käss mit Wein» zum Beispiel – eines der ersten Fondue-Rezepte. Das «Kochbuch der Kittin» gibt aber nicht nur Einblick in den bürgerlichen Speiseplan von damals, es verrät auch was über das steile soziale und finanzielle Gefälle. Während sich Tagelöhner oft von nichts anderem als Brei ernährten, lebte das Bürgertum im Überfluss.


    Zu Gast in dieser Zeitblende:

    * Denise Schmid, Historikerin und Publizistin
    * Susanne Vögeli, Autorin und ehemalige Kochschullehrerin

    Literatur:

    * Schmid, Imhof, Arnet, Vögeli (2023): Das Kochbuch der Kittin von 1699. Zürich: Hier und Jetzt Verlag.
    * Boesch Ina (2021): Weltwärts, Die globalen Spuren der Zürcher Kaufleute Kitt. Zürich: Hier und Jetzt Verlag.

  • Der Walliser Matthias Zurbriggen gilt als einer der bekanntesten Auslandsbergführer des 19. Jahrhunderts. Er wurde für Expeditionen ins Himalaya-Gebiet, nach Neuseeland und nach Südamerika engagiert. Er ist bekannt als Erstbesteiger des höchsten Bergs auf dem amerikanischen Kontinent, des Aconcagua.

    In ärmlichen Verhältnissen in Saas-Fee und in Norditalien aufgewachsen, faszinieren Zurbriggen die Berge im Dörfchen Macugnaga. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick auf das Monte Rosa-Massiv und die höchste Wand der Alpen. Doch mit 13 Jahren wird im das Dorf zu klein und er schlägt sich mit verschiedenen Arbeiten im Ausland durch. Nach elf Wanderjahren im Ausland wird er 25-jährig Bergführer. Vieles über seine zum Teil waghalsigen Touren beschreibt er in seiner Autobiographie. Er reist mit englischen Brotherren nach Neuseeland, ins Himalaya-Gebiet und nach Südamerika. Er entdeckt unbekannte Routen auf hohe Berge. Über die letzten Lebensjahre Zurbriggens ist allerdings wenig bekannt. Er nahm sich in Genf verarmt das Leben – er wurde 61 Jahre alt.

    Zu Gast in dieser Zeitblende sind:

    * Daniel Anker, Historiker und Autor mit Spezialgebiet Alpinismus
    * Teresa Delgado, Südamerika-Korrespondentin SRF

    Literatur:

    * Anker, Daniel & Volken, Marco (2009): Monte Rosa. Königin der Alpen. Zürich: AS Verlag.
    * Anker, Daniel (2022): Lebhaft und genial bis zum bitteren Ende. In: Die Alpen vom 22. April 2022. S. 30ff.
    * Egger, Carl (1946): Pioniere der Alpen: 30 Lebensbilder der grossen Schweizer Bergführer. Von Melchior Anderegg bis Franz Lochmatter. 1827 bis 1933.
    * Kalbermatten, Walter & Zurbriggen, André (1997): Matthias Zurbriggen. Der berühmteste Auslandsbergführer des 19. Jahrhunderts. Saas-Allmagell.
    * Zurbriggen, Matthias (1937): Von den Alpen zu den Anden. Lebenserinnerungen eines Bergführers. Berlin: Union Deutsche Verlagsgesellschaft Roth und Company. Übersetzung des englischen Originals aus dem Jahr 1899.

  • Am 19. Oktober 1957 stirbt Peter Stadelmann. Mit einem Wagenheber wird er erschlagen, dann in die Reuss geworfen, wo er ertrinkt. Die Täter: Ein Aargauer Gipser und seine norwegische Geliebte. Sie wollen nach Amerika und brauchen Geld. Die Zeitblende mit einer Wiederholung vom 10. Oktober 2020.

    Ihre Tat schreckt das ganze Land auf. Und sie verrät viel über die Schweiz der 1950er-Jahre.

    Es ist eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, als die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg noch wach war – und bereits der nächste Krieg, der «Kalte Krieg» drohte. Es werden Häuser und Autobahnen gebaut, die Schweizer kaufen sich ausländische Autos und Fernsehgeräte. Doch die 50er-Jahre sind auch eine Zeit der sozialen Ungleichheit, der rigiden Moralvorstellungen, der verklemmten Sexualität.

    Vor dieser Kulisse spielt sich dieser Kriminalfall ab: Der Gipser Max Märki, ein verheirateter Familienvater, und die norwegische Hilfsköchin Ragnhild Flater verlieben sich ineinander, wollen ausbrechen aus ihrem Millieu und aus der Armut – und wollen nach Amerika. Sie brauchen Geld. Doch der Versuch, den unschuldigen Peter Stadelmann auszurauben, geht schief. Sie bringen ihn um.

    Der Autor und Journalist Peter Hossli hat den Fall intensiv recherchiert und ein Buch geschrieben. Mit ihm zeichnet die «Zeitblende» diese Geschichte nach. Sie ist auch ein Sittengemälde der damaligen Gesellschaft, wie Monika Dommann, Geschichtsprofessorin an der Universität Zürich, ausführt.

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    Diese Zeitblende wurde erstmals am 10. Oktober 2020 ausgestrahlt. In zwei Wochen erscheint wieder eine neue Ausgabe.

  • Vor 130 Jahren stimmte die Schweiz ĂŒber die erste eidgenössische Volksinitiative ab. Das SchĂ€chtverbot war von viel Antisemitismus begleitet, aber auch dem noch neuen Tierschutzgedanken. Einer der Köpfe hinter der Initiative war der Aargauer Andreas Keller-JĂ€ggi - was trieb ihn an?Im August 1893 nahm das Schweizer Stimmvolk das SchĂ€chtverbot – die allererste eidgenössische Volksinitiative – an. Tiere durften fortan nicht mehr ohne BetĂ€ubung geschlachtet werden, also so wie es das rituelle Schlachten nach jĂŒdischer (Koscher) und islamischer (Halal) Art vorsieht. Das Verbot zielte damals, Ende des 19. Jahrhunderts, auf die jĂŒdische Gemeinschaft. Der Abstimmungskampf war entsprechend von viel Antisemitismus geprĂ€gt – aber auch von der noch immer relativ neuen Idee des Tierschutzes. Einer der Köpfe hinter der Initiative war Andreas Keller-JĂ€ggi, der PrĂ€sident des Aargauischen Tierschutzvereins. Wer war Keller-JĂ€ggi und was trieb ihn an, das SchĂ€chten zu bekĂ€mpfen – Tierliebe oder Judenfeindlichkeit? Eine Spurensuche, die unter anderem ins Archiv in Aarau fĂŒhrt, in ein Tierheim in Untersiggenthal und, zumindest virtuell, bis nach Japan.Zu Wort kommen unter anderen: * Thomas Metzger, Historiker und Professor an der PH St. Gallen, mit Forschungsschwerpunkt Antisemitismus und Schweizerische Zeitgeschichte * Stephan HĂ€sler, ausgebildeter Tierarzt und in den 2000er Jahren als stellvertretender Direktor des damaligen Bundesamtes fĂŒr VeterinĂ€rwesen mit dem SchĂ€chtverbot befasst; heute engagiert er sich fĂŒr die «Schweizerische Vereinigung fĂŒr Geschichte der VeterinĂ€rmedizin» * Yoko Akiyama, Historikerin und Assistenzprofessorin an der Doshisha UniversitĂ€t in Kyoto, Japan * Astrid Becker, heutige PrĂ€sidentin des Aargauischen Tierschutzvereins * Laura Bitterli, Doktorandin am Historischen Seminar der UniversitĂ€t ZĂŒrich und Co-Projektkoordinatorin von «Ad fontes»Literatur zum Thema: * Thomas Metzger (2020): Argumentative Konstruktion von Differenz. Die SchĂ€chtverbotsinitiative und die Antiminarettinitiative im Vergleich * Yoko Akiyama (2019): Das SchĂ€chtverbot von 1893 und die Tierschutzvereine. Kulturelle Nationsbildung der Schweiz in der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts * Stephan HĂ€sler (2010): Die Entwicklung des Tierschutzes in der Schweiz vom 19. Jahrhundert bis zum Erlass des Tierschutzgesetzes * Sibylle Horanyi (2004): Das SchĂ€chtverbot zwischen Tierschutz und Religionsfreiheit. Eine GĂŒterabwĂ€gung und interdisziplinĂ€re Darstellung von LösungsansĂ€tzen * Pascal Krauthammer (2000): Das SchĂ€chtverbot in der Schweiz, 1854-2000, die SchĂ€chtfrage zwischen Tierschutz, Politik und Fremdenfeindlichkeit

  • Die erste Abstimmung zum Frauenstimmrecht wird 1959 wuchtig abgelehnt. Empört über das Ergebnis, beschliessen die Lehrerinnen des Basler Mädchengymnasiums zu streiken. Der Streik strahlt weit über die Schweiz hinaus und steht am Anfang einer Bewegung, die schliesslich das Frauenstimmrecht erkämpft.

    Luciana Thordai-Schweizer hat als junge Lehrerin am Streik teilgenommen. Sie erzählt in der «Zeitblende», wie sie und ihre Mitstreiterinnen damals den Entschluss für den Streik gefasst haben und dabei sogar bereit waren, ihre Arbeitsstelle zu riskieren.

    Mit dem Streik brechen die Lehrerinnen gleich mit mehreren gesellschaftlichen Tabus. Frauen gelten in den 1950er Jahren in grossen Teilen der Gesellschaft als politisch unmündig. Frauen, die öffentlich politische Forderungen stellen, seien daher damals etwas Revolutionäres gewesen, sagt die Historikerin Noëmi Crain Merz.

    Der Streik läutet aber auch eine neue Phase des Kampfes für die Einführung des Frauenstimmrechts ein. Die sogenannte zweite Frauenbewegung unterscheidet sich stark von der bisherigen Bewegung. Die neue Generation ist kompromissloser und konfrontativer.

    Der Basler Lehrerinnenstreik von 1959 kann auch als Ursprung der modernen, landesweiten Frauenstreiks angesehen werden. Erstmals streiken in der Schweiz Frauen für Frauenrechte – statt, wie damals üblich, aufgrund arbeitsrechtlicher Forderungen.

  • Je grösser die Einigkeit zum Klimawandel in der Wissenschaft, desto aggressiver die Gegenkampagne der Klimaspektiker. Mit viel Geld säten Erdölkonzerne wie Exxon ab den 1990er Jahren Zweifel daran, dass der Klimawandel menschgemacht sei. Zweifel, die bis heute – auch in der Schweiz - weiterleben.

    Die Harvard-Wissenschaftshistorikerin Naomi Oreskes ist eine der profundesten Kennerinnen der Geschichte der Klimaleugnung. Sie erklärt in der «Zeitblende», wie Kampagnen der Klimaleugner funktionieren und wie sie die Wissenschaft verändert haben.


    Einer von vielen Klimawissenschaftlern, die direkt angegriffen wurden von der Erdölindustrie, war Ben Santer. Der Klimamodellierer arbeitete an dem Bericht des Weltklimarats der UNO mit, der 1995 erstmals festhielt, dass der Klimawandel menschgemacht sei. In der «Zeitblende» erläutert er, wie diese Feststellung sein Leben veränderte.