Avsnitt

  • Wie Populisten die Massen gewinnen und die Gesellschaft spalten – davon erzählt Doron Rabinovici in seinem neuen Roman «Die Einstellung». Der österreichische Autor ist zu Gast bei Felix Münger.

    Ein Fotoreporter macht sich auf, einen hetzerischen Populisten zu entlarven. Er will ein Bild schiessen, welches die fürsorgliche Fassade des Politikers zerstört und dessen brutalen Zynismus für jedermann sichtbar macht. Doch das Vorhaben könnte sich auch als kontraproduktiv erweisen.

    Im Roman «Die Einstellung» rückt der österreichische Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici die Relativierung von Fakten, die Faszination des Autoritären und die Hetze als Mittel der Politik ins Licht. Und leistet damit eine packende literarische Auseinandersetzung mit drängenden Fragen unserer Zeit.

    Buchhinweis:
    Doron Rabinovici. Die Einstellung. 224 Seiten. Suhrkamp, 2022.

  • Simone Weinmann ist Astrophysikerin und Schriftstellerin. In ihrem Debütroman «Die Erinnerung an unbekannte Städte» verbindet sie ihre beiden Interessen und wirft einen literarisch-wissenschaftlichen Blick auf eine bevorstehende Klimakatastrophe. Ein Gespräch mit der Autorin.

    Dazu versetzt sie uns ins Jahr 2045. Die Katastrophe hat tatsächlich stattgefunden und die Menschen in eine karge bäuerliche Welt zurückgeworfen. Viele finden ihren Trost im Glauben. Nathanael, ein Junge aus einem «Dorf im Norden», will sich nicht mit der Situation abfinden und zieht – unterstützt von einer Mitschülerin und dem Dorflehrer – nach Süden. In Mailand soll es noch ein Polytechnikum geben, wo er Arzt werden will. Simone Weinmann spielt in ihrem Erstlingsroman durch, was passieren könnte, wenn der Fall der Fälle tatsächlich eintritt, und geht der Frage nach, ob die Wissenschaft dann noch eine Chance hat.

    Buchhinweis:
    Simone Weinmann. Die Erinnerung an unbekannte Städte. 272 Seiten. Verlag Antje Kunstmann, 2021.

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  • Nicht immer sind Literaturverfilmungen so aufregend wie Jane Campions «The Power of the Dog» und Rebecca Halls «Passing». Die beiden Netflix-Produktionen basieren auf fast vergessenen Romanen und machen gesellschaftliche Gräben in den USA der 1920er Jahre transparent für die Gegenwart.

    Nella Larsen («Passing», 1929) und Thomas Savage («The Power of the Dog», 1967) untersuchen in ihren Büchern US-amerikanische Lebensläufe – Larsen in den schwarzen Communities von New York, Savage auf den Ranches im Westen. Schillernd zeigen sie Homophobie und Rassismus und die (selbst-)zerstörerischen Reaktionen der Betroffenen.

    Wie machen Jane Campion und Rebecca Hall aus diesen Stoffen packend aktuelle Filme? Und was ist allgemein das Geheimnis gelungener Literaturverfilmungen? Darüber spricht Franziska Hirsbrunner mit dem Film- und Literaturwissenschaftler Johannes Binotto.

    Buchhinweise:
    Nella Larsen. Seitenwechsel. Deutsch von Adelheid Dormagen. 220 Seiten. Dörlemann Verlag.
    Thomas Savage. Die Gewalt der Hunde. Deutsch von Thomas Gunkel. 350 Seiten. btb Verlag.

  • Mit «Mit einem Fuss draussen» hat die Schweizer Autorin Anaïs Meier den wohl skurrilsten Roman der Saison geschrieben. Er erzählt aus der Perspektive eines Randständigen von der Suche nach dem Besitzer eines abgetrennten Fusses. Der Anti-Krimi ist ein hintersinniges Porträt der Schweiz.

    «Mit einem Fuss draussen weiss man nicht, wo man steht»: In Ihrem Debütroman erzählt die Schweizer Autorin und Kolumnistin Anaïs Meier aus Sicht des Sozialhilfeempfängers Gerhards, der eremitisch am Rand der Gesellschaft lebt. Als er in seinem Lieblingsparks einen abgetrennten Fuss findet, beschliesst er, den Fall aufzuklären.

    Was wie ein Lokalkrimi klingt, entpuppt sich als grotesker Roman über die Schweiz von unten. Meier bevölkert ihr Buch mit Polizisten, die lieber Obdachlose schikanieren, als Mordfälle zu lösen, korrupten Lokaljournalisten und depressiven Securitasangestellten. Dabei steht nicht die Lösung des Falles im Vordergrund, sondern die präzise Erschliessung der Schweiz von ihren Rändern her.
    Der Roman begeistert mit einer ungewöhnlichen Sprache, für die sich die Autorin von zufällig gefundenen Zetteln und Online-Kommentaren inspirieren liess. Mit seinem Fokus auf das Kleine und vermeintlich Unbedeutende knüpft er an grosse Schweizer Erzähltraditionen an.

    Im Gespräch erklärt Meier, weshalb sie als Feministin aus der Perspektive eines mittelalten Mannes schreiben wollte. Zudem erfährt man mehr über das Phänomen abgetrennter Füsse, die Bedeutung von Friedrich Glauser und Helge Schneider für ihr Schreiben, und die korrekte Art, Altpapier zu bündeln.

    Buchhinweis:
    Anaïs Meier. Mit einem Fuss draussen. Voland & Quist, 2021.

  • Sie heisst Nastja, stammt aus der Ukraine und sucht in Deutschland ihr Glück. Doch dort gerät sie in eine verhängnisvolle Abwärtsspirale. Die deutsche Autorin Natascha Wodin erzählt im Roman «Nastjas Tränen», stellvertretend für Millionen, von Entwurzelung, Sprachlosigkeit und unstillbarem Heimweh.

    Natascha Wodin hat in ihrem Roman «Sie kam aus Mariupol» (2017) das Leben ihrer Mutter rekonstruiert, die von den Nazis als Zwangsarbeiterin verschleppt wurde. Sie überlebte zwar den Krieg, überwand die Erfahrung der gewaltsamen Entwurzelung jedoch nie.

    Im aktuellen Roman verlegt die Autorin die Erfahrung ihrer Mutter in die Gegenwart: Der Roman zeigt an der Figur der ukrainischen Putzkraft Nastja, welches Leid mit der modernen Migration bisweilen verbunden ist.

    Buchhinweis:
    Natascha Wodin. Nastjas Tränen. Rowohlt, 2021.
    Das Hörbuch, gelesen von Martina Gedeck, ist im Argon-Verlag erschienen.

  • Wie erzählt man seine Geschichte, wenn das Land, in dem man aufgewachsen ist, so nicht mehr existiert? Davon handelt der neue Roman der Theaterregisseur:in und Schriftsteller:in Sasha Marianna Salzmann.

    «Im Menschen muss alles herrlich sein» heisst der Roman der deutschen Schriftsteller:in und Theaterregisseur:in Sasha Marianna Salzmann. Doch wie «herrlich» sein in einem Land, in dem Korruption und Unterdrückung herrscht, in dem nur überlebt, wer sich dem restriktiven Regime unterwirft? Wie sie selbst kommen die Protagonistinnen in ihrem Roman aus der ehemaligen Sowjetunion. Doch während die beiden Mütter den Sozialismus und die alltägliche Korruption noch miterlebt haben, können die Töchter, die in Deutschland aufgewachsen sind, nur noch wenig mit den Migrations- und Verlusterfahrungen ihrer Eltern anfangen. Wie schwierig es ist, (die eigene) Geschichte zu erzählen, wenn das Land, in dem man aufgewachsen ist, so nicht mehr existiert, davon handelt der zweite Roman von Sasha Marianna Salzmann. Salomé Meier hat Sasha Marianna Salzmann zum Gespräch getroffen.

    Buchhinweis:
    Sasha Marianna Salzmann. Im Menschen muss alles herrlich sein. Suhrkamp, 2021.

  • Die Basler Theaterschaffende und Autorin Ariane Koch hat mit «Die Aufdrängung» eines der aufregendsten Debüts des Jahres geschrieben, ausgezeichnet mit dem aspekte-Literaturpreis. Darin findet sie traumartige Bilder für das Bekannte und Unbekannte. Laura Leupi hat mit der Autorin gesprochen.

    «Seit des Gastes Ankunft haben die Zitronen keinen Geschmack mehr»: Ariane Kochs Debütroman fasziniert mit schillernden, präzisen Bildern und einem scharfen Blick auf gesellschaftliche und politische Krisen. Als in einer Schweizer Kleinstadt ein unbekannter Gast auftaucht, nimmt die Ich-Erzählerin diesen kurzerhand bei sich auf. Warum, wird nicht klar, auch nicht, wer oder was der Gast eigentlich ist: Ein Mensch? Ein Hund? Ein fantastisches Wesen, das eigentlich nur zwischen den Synapsen der Ich-Erzählerin existiert?

    Der Gast stellt die Welt der Ich-Erzählerin auf den Kopf. Das Thema der Gastfreundschaft dient Ariane Koch als Versuchsanordnung, um alle möglichen Themen auszuloten: Integration und Assimilation, Herkunft und Sprache, Körper und Geschlecht, Besitzverhältnisse, Machtstrukturen. Der Text ist ein wahres Referenzgewitter und wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet.

    Die Erzählung vereint grotesk-komische Traumbilder, beinahe faschistoide Machtfantasien und präzise Gesellschaftsanalyse. Im Zentrum steht dabei immer die Perspektive einer durchaus boshaften Ich-Erzählerin: Ihr Verhältnis zum Gast oszilliert zwischen Anziehung und Abstossung, wobei Unsicherheit in Gewalt und das Bedürfnis nach Nähe ins Totalitäre kippen. Ariane Koch hat dafür eine ganz eigene, unbequeme Sprache gefunden.

    Im Gespräch erzählt Ariane Koch von ihrer Faszination für boshafte Frauenfiguren, von der Macht der Sprache und warum Sofas für sie mehr sind als ein Möbelstück.

    Buchhinweis:
    Ariane Koch. Die Aufdrängung, edition suhrkamp, 2021.

  • Der vor 200 Jahren geborene russische Dichter Fjodor Dostojewskij zählt zu den Grossen der Weltliteratur – trotz seiner dunklen Seiten. Felix Münger spürt dem Leben dieses komplexen und widersprüchlichen Ausnahmekünstlers nach und fragt, was an seinem Werk gerade junge Menschen bis heute fasziniert.

    Fjodor Dostojewskij hat mit seinen umfangreichen Romanen wie «Verbrechen und Strafe», «Der Idiot» oder «Die Brüder Karamasow» Werke von unvergänglichem Wert geschrieben. Die Vielstimmigkeit dieser Bücher und die psychologische Tiefe der Charaktere ist bis heute einzigartig.

    Die Gemeinde von Dostojewskij-Fans ist ungebrochen gross – in Russland und in der ganzen Welt. Gerne vergessen geht, dass der feinsinnige Erzähler in seiner Zeit auch mit reaktionären, nationalistischen und antijüdischen Äusserungen von sich reden machte.

    Buchhinweis:
    Fjodor M. Dostojewskij. Werkausgabe. Übersetzt von Swetlana Geier. S. Fischer, 2021.

  • Im Herbst 1977 spitzen sich der deutsche Terrorismus und der Jura-Konflikt gefährlich zu. Nun zeigt der neue Roman von Daniel de Roulet, weshalb beide Ereignisse aus Gründen der Staatsräson bis heute verschwiegen werden.

    Herbst 1977 - eine dramatische Zeit. Die deutschen Terroristen rund um die Rote Armee Fraktion RAF halten die Bundesrepublik, aber auch die Schweiz in Atem. Gleichzeitig spitzt sich der Jura-Konflikt gefährlich zu. Es kommt zu mysteriösen Todesfällen, die in Verbindung mit dem Terror der RAF und dem Jura-Konflikt stehen. Doch aus Gründen der Staatsräson leugnet die Schweizer Politik bis heute jeden Zusammenhang. Nun hat der Westschweizer Schriftsteller Daniel de Roulet einen Roman darüber geschrieben, der auch «Staatsräson» heisst und über den er im Gespräch Auskunft gibt.

    Buchhinweis:
    Daniel de Roulet. Staatsräson. Limmat Verlag, 2021.

  • Was wäre wenn? Das ist die Frage, die sich Gert Loschütz beim Schreiben stellt. So auch beim aktuellen Roman «Besichtigung eines Unglücks». Ausgehend vom schlimmsten Eisenbahnunglück auf deutschem Boden geht Loschütz Spuren nach, die bis in sein eigenes Leben hineinführen könnten.

    In der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember 1939, wenige Wochen nach Beginn des 2. Weltkriegs und mitten im Vorweihnachtsverkehr, prallten im Bahnhof von Genthin zwei überfüllte Züge aufeinander auf. Knapp 200 Tote und über 100 Verletzte, das die traurige Bilanz eines Unglücks, das vermutlich auf menschliches Versagen zurückzuführen ist. Genthin, die Heimatstadt des Schriftstellers Gert Loschütz und in den Romanen «Flucht» und «Ein schönes Paar» bereits mehrfach literarisch behandelt, wird so erneut zum Ausgangspunkt eines Romans des deutschen Schriftstellers, der seit den 1990er Jahren das Unglück minutiös aufgearbeitet und dabei eine Reihe von Geschichten entdeckt hat, wovon eine seine eigene Mutter betrifft. Oder betreffen könnte. Denn die Aktenlage ist nicht immer klar. Aus dieser Grauzone zwischen Realität und Fiktion heraus entwickelt Gert Loschütz nun aber einen Roman, der sich über drei Generationen und mehr als 60 Jahre erstreckt und aufgrund seines Spiels mit Möglichkeiten an Spannung kaum zu überbieten ist.

    Gert Loschütz ist zu Gast bei Michael Luisier.

    Buchhinweis:
    Gert Loschütz. Besichtigung eines Unglücks. Schöffling & Co., 2021.

  • Was ist der Mensch? Diese Frage aller Fragen stellt sich der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier in seinem neuen, beinahe tausend Seiten starken Roman «Matou». Im Zentrum des Romans steht aber nicht etwa ein Mensch, sondern ein Kater.

    Matou heisst er, der Kater. Und wie alle anderen Katzen auch hat er sieben Leben. Doch im Unterschied zu den anderen sucht sich Matou für seine sieben Leben keine gewöhnlichen Herrchen aus, sondern ganz besondere. Den französischen Revolutionären Camille Desmoulins, den deutschen Komponisten und Dichter E.T.A. Hoffmann, den amerikanischen Künstler Andy Warhol und andere. Diese helfen ihm bei der Beantwortung seiner grossen Frage, beispielsweise, indem sie ihm Sprechen, Lesen und Schreiben beibringen oder ihn mit den wichtigsten Werken der Weltliteratur eindecken. Logisch hat er jetzt, im siebten und letzten Leben, das Bedürfnis, sich nicht nur seinem letzten Herrchen mitzuteilen, sondern gleich der ganzen Menschheit. Und so schreibt Matou nun seine knapp tausend Seiten starken Memoiren.

    Ein Gespräch mit Michael Köhlmeier über einen Kater als Protagonisten eines Romans, über 230 Jahre Menschheitsgeschichte von der Französischen Revolution bis heute und über die Frage alles Fragen, die nicht nur Katzen, sondern bekanntlich auch Menschen interessiert: Was ist ein Mensch?

    Buchhinweis:
    Michael Köhlmeier. Matou. Hanser, 2021.

  • Mit seiner «Göttlichen Komödie» schuf Dante eines der grössten literarischen Werke der Menschheit. Dennoch wird er ausserhalb Italiens kaum noch gelesen. Felix Münger unternimmt eine Entdeckungsreise durch das bewegte Leben des Dichters - 700 Jahre nach dessen Tod am 14. September 1321.

    Der 1265 geborene Florentiner Dante Alighieri steht in einer Reihe mit den Titanen der Weltliteratur – mit Homer, Ovid, Vergil. Dantes plastische und künstlerisch einzigartige Beschreibung des Jenseits in der «Göttlichen Komödie» war epochal.

    Auch deshalb, weil Dante seine «Commedia» nicht – wie damals üblich - in Latein verfasste, sondern in der Volkssprache Italienisch. Dante gilt deshalb als «Vater der italienischen Literatursprache» und geniesst in Italien grosse Verehrung.

    Die Lektüre der «Göttlichen Komödie» ist zweifelsohne anspruchsvoll. Dennoch vermag sie uns auch heute noch immer zu faszinieren - durch ihre rhythmische, bildhafte Sprache, die uns emotional berührt und bisweilen gar betört.

    Buchhinweis:
    Dante Alighieri: Göttliche Komödie. Bibliophile Jubiläumsausgabe mit Illustrationen. Kommentierte Versübertragung aus dem Italienischen von Ida und Walther von Wartburg, Manesse 2021.

  • Verschollen und vergessen: Im Roman «Das Dämmern der Welt» von Werner Herzog harrt ein japanischer Soldat 30 Jahre lang im Urwald auf einer abgelegenen indonesischen Insel aus. Er hat in seinem Versteck nicht bemerkt, dass der 2. Weltkrieg schon lange zu Ende ist.

    Ein Stoff wie gemacht für den deutschen Filmemacher Werner Herzog. Aus seinen Filmen wie etwa «Aguirre» und «Fitzcarraldo» mit Klaus Kinski kennt man seine Faszination für Besessene und Exzentriker. In «Das Dämmern der Welt» erzählt Herzog die Geschichte des japanischen Soldaten Hiroo Onoda. Eine Geschichte, die tatsächlich passiert ist. Im 2. Weltkrieg bekam der Soldat von seinem Kommandanten den Befehl auf einer kleinen indonesischen Insel die Stellung zu halten und den Feind durch Guerillaaktionen zu zermürben. Er bekommt nicht mit, dass der Krieg schon bald zu Ende ist und Japan kapituliert hat. Er versteckt sich im Urwald und wird zu einem unsichtbaren Geist. 30 Jahre lang führt er den Kampf aus dem Hinterhalt weiter. Er misstraut den Flugblättern, die ihm berichten, dass der Krieg vorbei ist, glaubt, es sei eine Finte der Amerikaner. Ist das ein Roman oder eher ein Drehbuch? Unter anderem darüber diskutiert Esther Schneider mit den Kritikern Salomé Meier und Julian Schütt.

    Weiter in der Sendung: «Der Kolibri» vom italienischen Autor Sandro Veronesi. Eine preisgekrönte Familiensaga über mehrere Generationen, in der alles vorkommt, was das Familienleben so zu bieten hat: Ehebruch, unerfüllte Liebe, Schicksalsschläge und trotz allem Enkelkinder, die es allerdings in sich haben.

    Buchhinweise:
    Werner Herzog. Das Dämmern der Welt. Hanser, 2021.
    Sandro Veronesi. Der Kolibri. Zsolnay, 2021.

  • Die Wirtschaft stagniert. Die Jungen wandern ab. Die Rechte erstarkt. Der deutsche Schriftsteller Lukas Rietzschel erkundet in seinem zweiten Roman «Raumfahrer» die Befindlichkeit der Menschen in der ehemaligen DDR. Felix Münger trifft den jungen Autor aus Görlitz zum Gespräch.

    Lukas Rietschel schildert Figuren, die orientierungslos in einer Zwischenwelt zwischen Vergangenheit und Gegenwart schweben. Bereits in seinem Romandebüt «Mit der Faust in die Welt schlagen» von 2018 zeichnete Lukas Rietzschel ein beklemmendes Bild der Tristesse in Deutschlands Osten.

    In «Raumfahrer» geht es zum einen um die Geschichte eines jungen Mannes, der unter der Sprachlosigkeit in seiner Familie leidet: Die Eltern verdrängen ihre leidvolle Erfahrung der DDR-Diktatur und der chaotischen Wendezeit – und übertragen ihre Traumata auf den Sohn.

    Zum anderen fiktionalisiert der Roman die wahre Geschichte des Bruders des berühmten Malers Georg Baselitz, der im Unterschied zu jenem nicht rechtzeitig vor dem Mauerbau 1961 in den Westen fliehen konnte. Er musste in Sachsen bleiben und wurde zum Opfer des Stasi-Staats.

    Mit kompositorischem Geschick führt Lukas Rietzschel diese beiden Handlungsstränge zusammen - und macht sichtbar, wie sehr die Erblast der Vergangenheit die Menschen im Osten Deutschlands bis heute prägt.

    Buchhinwweis:
    Lukas Rietzschel. Raumfahrer, dtv 2021