Avsnitt

  • Als Olena Lugowa diesen Sommer mit 93 Jahren an Altersschwäche starb, war sie in der Ukraine eine kleine Berühmtheit. Weil ihre Familie es geschafft hat, sie wochenlang von den Nachrichten abzuschirmen. Der Plan: Olena den russischen Angriffskrieg zu verheimlichen. Dieses neue, dunkle Kapitel in der ukrainisch-russischen Geschichte sollte ihr erspart werden. Olena hat in ihrem langen Leben schon zuviel davon mitbekommen: Die Hungersnot Holodomor etwa, oder die stalinistischen Säuberungen.

    Dabei hat sich Olena Zeit ihres Lebens der Geschichte gestellt. Sie hat als Historikerin gearbeitet - als kritische Historikerin, der während der Zeit der Sowjetunion sogar ein Publikationsverbot auferlegt wurde. Vielleicht war die Vertuschungs-Aktion ihrer Familie auch deswegen zum Scheitern verurteilt.
    In jedem Konflikt, in dem es um Macht- und Gebietsansprüche geht, wird mit Geschichte argumentiert und zwar so, wie es für die eigenen Macht- und Gebietsansprüche passt. Und das gilt auch und gerade für den Russland-Ukraine-Krieg.

    - Wer hier **geschichtlich klarer** sehen will und erkennen möchte, wer sich hier wo in seinen Argumentationen die historischen Rosinen herauspickt, dem sei Susanne Schattenbergs "Geschichts-Stunde" zum Thema empfohlen: Wohin gehört die Ukraine? Historikerin Susanne Schattenberg Hörsaal - Deutschlandfunk Nova, https://www.ardaudiothek.de/episode/hoersaal-deutschlandfunk-nova/wohin-gehoert-die-ukraine-historikerin-susanne-schattenberg/deutschlandfunk-nova/10572363/

    - Totalitär sind ja tendenziell eher die anderen. Gerade wenn verschiedene Wertesysteme aufeinander treffen, dient der Totalitarismus-Vorwurf gerne als Keule. Der Historiker Jan Claas Behrends bleibt hier wissenschaftlich an der Definition des Totalitarismus, **untersucht kritisch, wie Russland schon vor Putin autoritär umgebaut wurde** und wie Putin diesen Umbau in den letzten Jahren mit Kraft vorantrieb und treibt:
    Russland und Totalitarismus im 21.Jahrhundert - Jan Claas Behrends
    Hörsaal - Deutschlandfunk Nova,
    https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/krieg-gegen-die-ukraine-russland-und-totalitarismus-im-21-jahrhunderts

    - Laut Völkerrecht ist die Ukraine ein unabhängiger Staat, nach der Kreml-Lesart nicht. Russische Propaganda betont immer wieder die "historische Einheit der Russen und Ukrainer". Hier blickt Terra X mit historischem Weitwinkel auf **1000 Jahre russische Geschichte** um dann im Fokus die Personen, Momente und Wendepunkte zu beleuchten, die uns helfen, diesen Krieg besser zu verstehen:
    Putins Krieg - Geschichte als Waffe | Terra X, 13.03.2022
    Autoren: Stefan Brauburger, Stefan Gierer,
    https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/putins-krieg-geschichte-als-waffe-100.html

    - 2014 hat Putin die Krim besetzt. Zur **Geschichte der Krim** empfehlen wir euch eine Folge von Franziska Davies’ Podcast Historia Universalis: Die Perle des Imperiums. Zur Geschichte der Krim: https://www.youtube.com/watch?v=gNPnaP25nhU
    - Ein Jahr später haben die Korrespondenten Gesine Dornblüth und Florian Kellermann in ihrem Audio-Feature eine Momentaufnahme geschaffen. Staunen darüber, wie ganz zu Beginn des Konflikts argumentiert und gehandelt wird, dass zu dieser Zeit schon 8.000 Menschen in dem Konflikt um die Krim und die Separatistengebiete bereits getötet worden sein sollen. Ein gut gealtertes Stück Reportage-Journalismus zum Thema: **Russland und die Ukraine Wie aus Freunden Feinde wurden**, Deutschlandfunk Hintergrund, Von Gesine Dornblüth und Florian Kellermann | 26.12.2015, https://www.deutschlandfunk.de/russland-und-die-ukraine-wie-aus-freunden-feinde-wurden-100.html

  • Alexey Breus ist einer der Nuklear-Ingenieure, die am Tag der Tschornobyl-Katastrophe den Befehl bekommen zu retten, was nicht mehr zu retten ist.
    Die Erfahrung des Super-GAUs prägt Alexejys ganzes weiteres Leben. Obwohl gebürtiger Russe, entscheidet er sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der jetzt unabhängigen Ukraine zu bleiben und als Journalist und Künstler auf die Gefahren von Nuklearenergie aufmerksam zu machen. Der Angriffskrieg Russlands zwingt ihn zur Flucht. Aber in unserem Interview wird deutlich, dass er auch weiterhin dafür kämpft, die Gefahren der Kernkraft bekannt zu machen - in all ihren heute für die Ukraine wichtigen Dimensionen.

    - Wer mehr darüber erfahren möchte, **wie die Ukraine zur Front zwischen Ost und West** geworden ist, warum das eine Entwicklung ist, die schon Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden ist, der liest am besten das neueste Buch von Serhii Plokhy: "Die Frontlinie, Warum die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ost-West-Konflikts wurde".

    - Welchen Einfluss die **"Tschernobylkinder"** auf die Gesellschaften in der Ukraine und Belarus hatten und wie durch die Auslandsreisen ein interkultureller Austausch mit tiefen Einflüssen entstand, erläutert Melanie Arndts Buch "Tschernobylkinder".

    - Ende des Jahres (27.12.) erscheint ein Buch, das die **Geschichte des nuklearen Erbes der Ukraine** noch einmal detailliert aufarbeitet: "Inheriting the Bomb" der ukrainischen Historikerin Mariana Budjeryn.

    - Wer sich dafür interessiert, **wie damals die Hardliner argumentiert haben**, die der Meinung waren, die Ukraine sollte die Kernwaffen behalten, um sich gegen ein aggressives Russland zu wehren, der liest am besten John J. Mearsheimer von 1993: "The Case for a Ukrainian Nuclear Deterrent."

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  • Von ihren Eltern lernt Sascha die Liebe zur Kunst und die Hingabe an den nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wiedergefundenen Glauben. Doch fast 70 Jahre offizieller Atheismus haben auch in den orthodoxen Kirchen Spuren hinterlassen: Wegen der Verfolgung während dieser Zeit stilisieren sich Geistliche zu "Märtyrern des Kommunismus". In Wahrheit gehört die Spitze der Orthodoxie aber spätestens seit den 1980er-Jahren zum Establishment. Die geistliche Elite arbeitete bis 1991 mit dem KGB zusammen - in Russland sogar noch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Und auch Sasha bemerkt immer öfter, wie politisch die Kirche agiert. Obwohl es sich bei dem Krieg in der Ukraine nicht um einen Glaubenskrieg handelt, spielen die kirchlichen Institutionen eine wichtige Rolle.

    - Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, wie die **Unabhängigkeit der ukrainischen Kirche** die orthodoxe Welt verändert hat, empfehlen wir diesen Artikel von Regina Elsner https://ukraineverstehen.de/elsner-wie-der-tomos-die-orthodoxe-welt-veraendert-hat/ und die Analyse von Nikolay Mitrokhin https://www.bpb.de/themen/europa/ukraine/288354/analyse-poroschenko-und-der-tomos-effekt/.
    - Inwiefern der **religiöse Konflikt den Kampf um die Unabhängigkeit** von Russland widerspiegelt - darum geht es in dieser Analyse https://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen207.pdf.
    - Außerdem empfehlen wir dieses Gespräch mit dem Religionssoziologen Dr. Leif Seibert über den **religiösen Einfluss im Krieg gegen die Ukraine** https://aktuell.uni-bielefeld.de/2022/05/12/putin-und-kyrill-profitieren-von-beidseitiger-legitimation/ und die Analyse: Die Russische Orthodoxe Kirche und das Konzept der "Russischen Welt" https://www.bpb.de/themen/europa/russland-analysen/nr-289/200275/analyse-die-russische-orthodoxe-kirche-und-das-konzept-der-russischen-welt/.

  • Im Winter 2013/14 verfolgt Kristina wie die meisten Ukrainer im Fernsehen live, was auf dem Maidan in Kyjiw passiert. Anfangs steht sie auf der Seite der friedlichen Demonstrationen in der Hauptstadt. Aber dann sieht sie etwas, was sie zunehmend skeptischer macht. Unter den Protestierenden sind plötzlich maskierte Gestalten, die ihr Angst machen. Kristina kommt aus Donezk, einer Stadt in der ostukrainischen Region Donbas. Und viele Menschen hier teilen ihr Unbehagen. Anders als in Kyjiw wird hier die prorussische Seite die Oberhand gewinnen. In dieser Region der Ukraine zeigen sich die Widersprüche und Streitigkeiten über die Auslegung der Geschichte besonders früh. Und es ist auch die Region, die schon viel früher Russlands Interventionen zu spüren bekommt.

    Da es in Donezk gefährlich sein kann, über Politik zu sprechen, verwenden wir nicht Kristinas richtigen Namen und auch ihren Beruf werden wir hier nicht nennen, um sie und ihre Familie nicht zu gefährden.

    - Wenn ihr mehr wissen wollt über die **entscheidenden Entwicklungen in der Geschichte der Ukraine**, empfehlen wir das Buch von Serhii Plokhy „Die Frontlinie: Warum die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ost-West-Konflikts wurde”.
    - Diese decoder-Artikel liefern **Hintergründe zur Geschichte des russischen Imperialismus** und zum Beginn des Krieges im Osten der Ukraine. https://www.dekoder.org/de/gnose/noworossija-historische-region-politische-kampfvokabel und https://www.dekoder.org/de/gnose/krieg-im-osten-der-ukraine
    - Wie **russische Propaganda** den 9. Mai und die Geschichte des Zweiten Weltkrieges für ihre Zwecke benutzt, wird in dieser Folge des BR-Podcasts “1 Thema, 3 Köpfe” diskutiert. https://www.br.de/mediathek/podcast/1-thema-3-koepfe/alles-nazis-wie-vergangenheit-instrumentalisiert-wird/1856149
    - Außerdem empfehlen wir diese **Analyse**von Wilfried Jilge "Die Ukraine aus Sicht der "Russkij Mir" https://www.bpb.de/themen/europa/russland-analysen/nr-278/186517/analyse-die-ukraine-aus-sicht-der-russkij-mir/ und das **Interview**: From ‘frozen’ conflict to full-scale invasion How has eight years of war changed Ukraine’s Donbas? https://meduza.io/en/feature/2022/03/06/from-frozen-conflict-to-full-scale-invasion

  • Anna Mosyuzhenko sagt, Kyiv ist ein bisschen so wie Paris. Sie ist Stadtführerin und nimmt uns beim Interview mit auf eine virtuelle Tour, die unter den goldenen Kuppeln des St. Michaelsklosters endet. Während der Proteste am Maidan 2014 versteckten sich hier Demonstranten vor der Polizei. Heute hängen an einer Mauer des Klosters tausende Porträts. Sie zeigen Menschen, die seit 2014 in den Kämpfen gegen russische Truppen im Donbas gefallen sind. Bis der Krieg im Februar 2022 auch nach Kyiv kam, war diese Mauer eine ständige Erinnerung daran, dass 600km entfernt von der Hauptstadt schon seit Jahren ein blutiger Konflikt tobt. Vergangenheit und Gegenwart liegen überall in Kyiv ganz nah beieinander. Die mehr als tausendjährige Geschichte hat die Stadt und ihre Bewohner geprägt und verändert. Die einschneidendste Veränderung für Anna vor dem Ausbruch des Krieges waren die Ereignisse rund um die Euromaidan-Proteste 2014. - Wie ging der Protest am **Euromaidan** eigentlich los und welche Menschen haben ihn ins Rollen gebracht? Ivo Mijnssen von der NZZ hat sie 2022 porträtiert https://www.nzz.ch/international/ukraine-krieg-drei-helden-des-maidan-im-kampf-gegen-putin-ld.1673756. - Über die **Eskalation der Proteste am Euromadian** gibt es viele gute Dokus. Wir empfehlen diesen Film von VICE https://youtu.be/V7e6B64Iqqg.- Wenn ihr mehr wissen wollt über die **Hintergründe der Orangenen Revolution**, so hat International Center on Nonviolent Conflict viel Material dazu gesammelt. Hier gibt es die Doku https://www.youtube.com/watch?v=YzleiHyxq7M&ab_channel=ICNC-InternationalCenteronNonviolentConflict. - Die **Geschichte nationalistischer Bewegungen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs** behandelt Franziska Bruder in dem Buch „Den ukrainischen Staat erkämpfen oder sterben!“ Die Organisation ukrainischer Nationalisten". - Die **90er in der Ukraine** beschrieb Jan Claas Behrends in seinem Buch “Postsowjetische Lebenswelten. Gesellschaft und Alltag nach dem Kommunismus”. - Einen **Überblick über die gesamte Geschichte der Ukraine** bekommt ihr in “Kleine Geschichte der Ukraine” von Andreas Kappeler.

  • Als Daria aus ihrer Heimat Kyiv flieht, zeichnet sie die Bombeneinschläge mit dem Handy auf und schickt sie nach Russland zu ihren Verwandten - ohne Erfolg. Denn Darias russische Verwandt glauben Putins Geschichte von der “Spezialoperation”. Dass sie ihr nicht glauben, ist für Daria unerträglich. Nach und nach schränkt sie den Kontakt immer mehr ein. Doch auch darunter leidet sie: Sie hat Menschen verloren, die ihr einst nahestanden. Daria möchte ihren echten Namen in dieser Podcast-Reihe nicht öffentlich machen. Der Krieg und ihre Flucht haben eine lange und für sie sehr persönliche Vorgeschichte. Dafür möchte sie nicht angefeindet werden. Vor allem nicht von ihren russischen Verwandten.

    Das ist auch der Grund, warum Daria uns davon erzählt. Weil sie davon überzeugt ist, dass so viele Menschen wie möglich erfahren müssen, was dieser Konflikt in Familien anrichtet. Denn was zwischen den beiden Staaten Ukraine und Russland passiert, ist noch viel mehr als der Krieg, den wir im Fernsehen sehen. Man könnte diesen Krieg auch als “Erinnerungskrieg” bezeichnen. Russland attackiert die Menschen und Städte in der Ukraine nicht nur mit Waffen, sondern seit Jahren auch die kollektive historische Erinnerung der ukrainischen Nation. Der Keil, der sich schon mit der Annexion der Krim zwischen Daria und ihrer Familie geschoben hat, wird mit jedem Tag weiter hinein getrieben.

    - Mit dieser Vorlesung der Uni Freiburg, könnt ihr euer **Wissen über die Kyiver Rus** vertiefen und in diesem Radiofeature gibt es noch mehr Details zur **Geschichte der Kosaken** (https://videoportal.uni-freiburg.de/video/9-Die-Kiewer-Rus-1025-1125-Ungarn-und-Kroatien-im-9-11Jahrhundert-Szekler-und-Siebenbuerger-Sachsen-Ethnogenese-der-Rumaenen/eeb18eb204ac1909de2f12802a6b8c7b ).
    - Einen Überblick über die **gesamte Geschichte der Ukraine** bekommt ihr in “Kleine Geschichte der Ukraine” von Andreas Kappeler.
    - Falls es euch interessiert, wie genau die **russische Propaganda** den Krieg beeinflusst, findet ihr hier einen Artikel der Kommunikationswissenschaftlerin Anna Sarmina zu dem Thema. Mehr über die NGO von Paulius Senuta erfahrt ihr hier https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748901334-117.pdf?download_chapter_pdf=1.
    - Vorträge des Historikers Jan Kusber von der Uni Mainz zur **Geschichte der Ukraine** finden sich hier https://www.youtube.com/watch?v=8JC-sWaqSiQ und hier https://www.youtube.com/watch?v=zpo1Z99cEWk.
    - Die Historikerin Franziska Davies von der LMU München hat in ihrem Podcast Historia Universalis (https://www.youtube.com/c/HistoriaUniversalis) viele Folgen zur **Geschichte der Ukraine** veröffentlicht.
    - Und nicht zuletzt gibt es auch spannende **ZDF-Dokumentationen** für noch mehr Hintergrund: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/im-schatten-russlands-ukraine-zerrissen-zwischen-ost-und-west-100.html und https://www.zdf.de/dokumentation/zdf-history/die-geschichte-der-ukraine-100.html

  • Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine angreift, ist schnell klar: Nichts wird mehr so sein wie vorher. Seitdem haben Tausende ihr Leben verloren, Städte werden dem Erdboden gleichgemacht, Millionen Ukrainer sind auf der Flucht. Wie konnte es dazu kommen?

    Die sechsteilige Audio-Doku „Ukraine – Der Riss“ betrachtet die Geschichte des ukrainischen Volkes und sein Verhältnis zum russischen Nachbarn mit der Methode der Oral History, denn es kommen Menschen aus der Ukraine und aus Russland zu Wort und erzählen ihre persönlichen Lebensgeschichten. Dazu erkundet Host Mirko Drotschmann zusammen mit und einem Team aus Historikerinnen und Historikern die historischen Wurzeln dieses Krieges, die viele Jahrhunderte in die Geschichte zurückreichen.